Gegenwart und Zukunft gestalten kann nur, wer seine Vergangenheit kennt. Mit ein Grund weswegen ich das Studium der Geschichtswissenschaft betrieben hatte. Es ist auch der wesntlichste Impetus gewesen, mich politisch zu engagieren: Nicht zu vergessen und dafür zu arbeiten, dass sich die Nationalsozialismus, Faschismus und Shoa niemals wiederholen können!
Deswegen reagiere ich allergisch auf Rufe nach "Schlußstrichen", auf Relativismus und den Versuch der "Historisierung".
Wenn ich kann, besuche ich die Befreiungsfeiern in der Gedenkstätte ehemaliges KZ Mauthausen.
Das erste Mal bei einer Befreiungsfeier, war ich leicht pikiert gewesen, über die Horden von Menschen, die fröhlich schwatzend, Eis und Würstel in der Sonne verzehrt hatten. Ein ehemaliges KZ ist für mich nicht Disneyland und nicht entrückte Geschichte. Kurz, ich hatt dies für pietätlos gegenüber den Opfern, gegenüber der Situation in den Lagern gehalten.
Nach der heutigen Befreiungsfeier sehe ich das zumindest etwas differenzierter. Die Massen an jungen Menschen, nicht nur meiner Generation, war beeindruckend. Besonders schön fand ich bei der riesigen Delegation aus Italien, dass zu Beginn jeder vertretenen Kommune aus Italien meist eine Gruppe Überlebender mit der Fahne des lokalen Mauthausenkommitees umringt von Jugendlichen voranschritt.
Das bedeutet, dass das Leid der Opfer nicht vergessen ist. Gleichzeitig ist es nicht nur legitim, sondern normal, dass die nachwachsenden Generationen ihren eigenen Zugang entwickeln. Und ist es nicht ein Zeichen des Sieges des Lebens, wenn Fröhlichkeit sich trotz aller bewußter Trauer Bahn bricht?
Ein Eis werde ich mir in einem KZ nie kaufen können und der Kloß in meinem Hals wird ebenso wie die Tränen in den Augen bleiben.
Die heurige Gedenkrede des Schriftstellers Michael Köhlmeier war richtig, bewegend und hat sehr zum Nachdenken angeregt. Sein Thema war die Sicht auf die Opfer und die Bewältigung mit Sprache, die uns so unendlich schwer fällt. Noch habe ich die Rede nicht digital gefunden, deswegen hier ein Link zum ORF mit einem Teil der Rede als Audio-Datei.
Köhlmeiers Schlußsatz hat mich, den Deutschen und Nachgeborenen, tief beeindruckt: "Und wenn sich einer für jedes Wort schämen muss, so stehen ihm doch wieder nur Worte zur Verfügung, wenn er um Verzeihung bitten will."
Sonntag, 6. Mai 2007
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